Landwirtschaft als Lieferant von Nahrungsmitteln ist unverzichtbar. In ihrer jetzigen Form verursacht sie jedoch zum Teil hohe externen Kosten, Gesundheits- und Umweltschäden. Im Folgenden sollen zunächst die Probleme der aktuellen konventionellen Landwirtschaft aufgezeigt werden. Im Anschluss wird auf Lösungsansätzen eingegangen. Zum Abschluss sollen einige mögliche Maßnahmen für eine effektive Agrarwende hin zu einer nachhaltigeren Landwirtschaft aufgezeigt werden.
Bei der heutigen konventionelle industriellen Landwirtschaft steht man vor zahlreiche Probleme.
Abb. 1: Massentierhaltung von Hühnern und Schweinen
Zunächst ist die nicht artgerechte Tierhaltung zu nennen. Diese ist als Tierquälerei ethisch nicht verantwortbar und durch das Tierschutzgesetz prinzipiell in Deutschland auch verboten[1]. Dieses Verbot wird jedoch durch Ausnahmeregelungen aufgeweicht und in der Realität nicht implementiert. Es wird dabei auf den im Gesetzestext erwähnten „vernünftigen Grund“ Bezug genommen, bei dem das Zufügen von Schmerzen, Leiden und Schäden an Tieren erlaubt ist. Das ein solcher Grund jedoch bei der jetzigen industriellen Massentierhaltung nicht gegeben ist, sollte offensichtlich sein. Das große unnötige Leid der auf engstem Raum gefangenen Tiere wird in Kauf genommen, um Fleisch möglichst billig an den Käufer zu bringen[2].
Dabei ist der aus den niedrigen Preisen resultierende hohe Fleischkonsum in der westlichen Welt nicht nur nicht nötig[3], sondern kann sogar gesundheitlich nachteilig sein. So haben zahlreiche Studien die gesundheitlichen Vorteile einer fleischarmen bzw. komplett veganen Ernährung aufgezeigt[4].
In der Massentierhaltung müssen hunderte und tausende von Tieren auf engstem Raum ohne Auslauf und bei minimaler Bewegung leben. Das Immunsystem der Tiere ist geschwächt und Krankheiten können sich schnell ausbreiten. Dies führt in der Praxis zu einem sehr hohen Einsatz von Antibiotika, welcher, wie auch der unnötig hohe Einsatz von Antibiotika in der Humanmedizin, gefährliche Resistenzen bei Krankheitskeimen verursacht[5]. Bei schwerer Erkrankung kann es dann vermehrt vorkommen, dass die Antibiotika nicht mehr wirken.
Der Einsatz von Pestiziden in der Landwirtschaft stellt ebenfalls ein Gesundheitsrisiko dar. Er kann zu Krebs[6], Leukemie[7], Fehlbildungen und -geburten[8] und Erkrankungen des Nervensystems[9] führen. Mehr als 25 Millionen landwirtschaftiche Arbeiter leiden weltweit an Pestizidvergiftung[10].
Abb. 2: Durch Monokultur-Anbau hervorgerufene Bodenerosion
Die Umweltbelastungen durch die Landwirtschaft sind weitreichend[11] und beinhalte u.a.:
Landwirtschaftlich genutzte Flächen machen 33% der globalen Landfläche aus[12]. Der Großteil dieser Fläche geht auf die Fleischproduktion zurück (Weideland, Anbaufläche für Futtermittel). Der Flächenbedarf einer auf Fleisch basierenden Ernährung ist dabei um ein vielfaches höher als der für eine vegane (vegetarische) Ernährung[13].
Über 95% der Pestizide erreichen nicht die Zielspezies und belasten Luft, Wasser und Boden[14]. Sie reduzieren die Artenvielfalt und Stickstofffixierung[15], zerstören Lebensraum[16] und gefährden Bestäuber[17] und vom Aussterben bedrohte Arten[18]. Die natürliche Entwicklung von Pestizidresistenzen mindert dabei immer stärker die Effektivität von Pestiziden[19].
Der übermäßige Einsatz von Kunstdünger und die bei der Massentierhaltung in großen Mengen anfallende Gülle führt zu einem erhöhten Nährstoffeintrag (Eutrophierung) von Oberflächengewässern und Landökosystemen und kann diese dadurch stark schädigen[20].
Bei Kunstdünger kommt noch der sehr hohe aus fossilen Energiequellen gedeckte Energiebedarf bei der Produktion als ökologisches Problem hinzu[21].
Indirekte Genmanipulation wird von Menschen bereits seit Beginn der Tierhaltung durch Züchtung praktiziert. Hierbei wird die Evolution nachgeahmt. Statt der Natur übernimmt jedoch der Mensch die Selektion für die zufälligen Genmutationen.
Bei der Gentechnik wird zusätzlich die Genmutation künstlich verursacht. Sie ermöglicht eine sehr viel schnellere Veränderung von Tieren und Pflanzen, um ihre Eignung als Nahrungsmittellieferanten zu erhöhen.
Unerwünschte Veränderungen können jedoch auftreten und die Ausbreitung genetisch veränderter Organismen außerhalb des Anbaugebietes kann nicht verhindert werden. Es können dabei ähnliche Probleme für die Umwelt entstehen wie bei biologischen Invasionen, bei denen durch Menschen nicht heimische Arten eingeschleppt werden und oft heimische Arten verdrängen[22].
Die zwei Haupteinsatzzwecke für grüne Gentechnik sind die Herstellung von Pflanzen mit erhöhter Widerstandsfähigkeit gegen Pestizide und gegen Schädlingen[23]. Ersteres beinhaltet weiterhin den massiven (wahrscheinlich sogar erhöhten) Einsatz von Pestiziden mit den bereits erwähnten daraus bedingten Problemen. Bei der Erhöhung der Schädlingswiderstandsfähigkeit wird auf pflanzen-eigene Produktion von Bt-Toxinen gesetzt. Schädlinge können jedoch auch hierfür Resistenzen entwickeln und zusätzlich werden neben den Zielinsekten auch weitere Organismen durch den erhöhten Einsatz von Bt-Toxinen geschädigt[24].
Zusätzlich wird die Abhängigkeit der Landwirte von Großkonzernen, die bereits beim Zukauf von Kunstdünger und Pestiziden gegeben ist, erhöht. Multinationale Konzerne lassen sich die genetisch veränderten Pflanzen patentieren und lassen eine eigene Produktion von Saatgut durch die Landwirte nicht zu, dadurch werden diese auch beim Saatgut abhängiger[25].
Abb. 3: Kuh- und Hühnerhaltung auf einem Biobauernhof
Im Ökolandbau wird auf Pflanzenschutzmittel, Mineraldünger und Gentechnik verzichtet, um mit einem möglichst geschlossenen Nährstoffkreislaufs negative Umwelteinflüsse zu minimieren und eine nachhaltige Landwirtschaft zu ermöglichen[26]. Auf Monokulturen wird verzichtet. Statt dessen wird eine auf den Nährstoffkreislauf angepasste Fruchtfolge befolgt. Zusätzlich wird auf eine artgerechte Tierhaltung geachtet, bei denen die Tiere u.a. wesentlich mehr Fläche zur Verfügung haben als bei der konventionellen Landwirtschaft.
Abb. 4: Bio-Siegel der drei größten Bioanbauverbänden Deutschlands (links) sowie das deutsche EG-Bio-Siegel (mitten oben) und das EU-Bio-Siegel (mitte unten)
Oft wird angezweifelt, ob bei einem Produkt mit Biosiegel auch tatsächlich Bio drin ist. Es wird befürchtet, dass ein konventionelles Produkt lediglich mit dem Biosiegel versehen wurde, um einen höheren Preis dafür verlangen zu können. Während es solche Betrugsfälle auf jeden Fall gibt, sind andere Bereiche von diesen auch nicht frei. Man erinnere sich nur an die Gammelfleischskandale[27]. Dafür gibt es Kontrollen, welche sicherstellen, ob ein Produkt den Normen und dem Etikett entspricht. Während solche Kontrollen keinen 100%igen Schutz gewährleisten können und auf jeden Fall ausbaufähig sind, kann man als Verbraucher generell davon ausgehen, dass man beim Bäcker tatsächlich Brot aus Weizen- und nicht Sägemehl und beim Biomarkt tatsächlich Bioprodukte erwirbt.
Will man möglichst ökologische Nahrungsmittel konsumieren und legt besonders Wert auf artgerechte Tierhaltung, sollte man zusätzlich zum EG-Bio-Siegel auf ein Siegel eines Bio-Anbauverbandes wie Bioland, Demeter oder Naturland achten. Die Verbände wirtschaften nochmals nach deutlich strengeren Öko- und Tierschutzrichtlinien als Betriebe, welche lediglich nach EG-Bio-Zertifizierung wirtschaften[28].
Ökolandbau hat gegenüber konventioneller Landwirtschaft einen flächenbezogenen Minderetrag von 5-34%[29]. Aufgrund des dadurch resultierenden höheren Flächenbedarfs wird von einigen bezweifelt, ob eine Ernährung der Weltbevölkerung komplett nach Öko-Richtlinien möglich ist.
30% der Nahrungsmittel weltweit und sogar 50% in Deutschland landen jedoch nicht im Magen sondern im Müll[30]. Außerdem verbraucht eine auf Fleisch basierende Ernährung ein Vielfaches der Fläche im Vergleich zu einer veganen Ernährung (s. u.).
Bei einer Reduktion der Nahrungsmittelverschwendung und des Fleischkonsums ist daher 100% Ökolandbau sogar bei reduziertem Flächenverbrauch möglich.
Eine ausgeglichene gut geplante vegane Ernährung ist für jedes Lebensalter geeiget und hat sogar zahlreiche gesundheitliche Vorteile gegenüber einem hohen Fleischkonsum[31]. Kann Fleischkonsum und die damit verbundene Tierqäulerei und das unnötiges Töten mit Bequemlichkeit, Gewohnheit und Geschmack ethisch gerechtfertigt werden[32]? Der Geschmack lässt sich dabei sogar zum Teil recht gut mit veganen Produkten nachahmen. Zumal der Geschmack bei Fleischprodukten hauptsächlich durch hinzugefügte Gewürze geschaffen wird. Wem schmeckt schon sein Stück Fleisch roh, gekocht oder gebraten ganz ohne Gewürz oder Soße?
Tiere von Biobetrieben haben zwar ein besseres Leben und Biofleisch ist daher Nicht-Biofleisch vorzuziehen. Doch auch sie werden – über Stunden qualvoll eingeengt – mit Tiertodestransportern zu den gleichen gigantischen Schlachthöfen verfrachtet, wo ihnen ein gewaltsamer Tod erwartet.
Abb. 5: Flächenbedarf für 1kg/Jahr Kartoffeln, Geflügel-, Schwein- und Rindfleisch (Eigene Darstellung nach WWF Studie „Fleisch frisst Land“)
Doch auch aus ökologischer Sicht spricht Vieles für einen zumindest sehr stark reduzierten Fleischkonsum. So ist der Flächenverbrauch und die damit verbundenen negativen Umwelteinflüsse bei Fleischprodukten um ein Vielfaches höher als bei veganer Nahrung (s. Abb. 5). Auch die relativ hohe Energiedichte von Fleisch (2-3 fache verglichen mit Kartoffen und etwa der von Brot[33]) ändert hieran nichts.
Vergleicht man komplette Ernährungen, ist der relative Unterschied geringer aber immer noch signifikant. Denn auch eine Ernährung mit viel Fleisch hat als Hauptbestandteile vegane Nahrungsmittel. Eine US-amerikanische Studie untersuchte den Flächenbedarf bei Ernährungen ausschließlich aus lokalen Nahrungsmitteln für den Bundesstaat New York[34]. Eine Person mit hohem Fleischkonsum (381 g/Tag) benötigte dabei mit ca. 7700 m² knapp 4 mal so viel Fläche wie ein Veganer mit ca. 2000 m².
Abb. 6: In Hydrokultur angebauter Kopfsalat
Hydrokultur ist eine Form der Pflanzenhaltung, bei welcher die Pflanzen nicht in Erde, sondern einem anorganischen Substrat (z.B. Kies, Mineralwolle) wurzeln. Die Pflanzen erhalten Nährstoffe über eine wässrige Nährstofflösung. Diese kann mit unterschiedlichen Methoden (Deep Water Culture, Ebbe-Flut-Systeme, Sprühen) aufgetragen werden und kann auf Mineraldünger oder organischem Dünger basieren[35]. Organischer Dünger kann u.a. von Fischextrementen oder auch menschlichen Urin produziert werden. Bei der Kombination mit Fischaufzucht spricht man von Aquaponik[36]. Zwar stellen sich bei einem solchem System weiter die ethischen Fragen von Tierhaltung und -tötung. Aus ökologischer Sicht ist ein solches System jedoch konventioneller Tierhaltung und Fischerei (mit dem großen Problem der Überfischung[37]) auf jeden Fall vor zu ziehen. Dies trifft besonders dann zu, wenn das Fischfutter nicht aus Fischmehl, sondern aus Würmern oder Algen hergestellt wird.
Hydrokulturen sind unabhängig von der örtlichen Bodenfruchtbarkeit und können in Gewächshäusern mit kontrollierbarer Beleuchtung, CO2-Gehalt der Luft, Temperatur und Nährlösung betrieben werden. Ohne Erde und in der gut kontrollierbaren Umgebung kommt es zu einem wesentlich geringeren Schädlingsbefall, der einen Pestizideinsatz unnötig machen kann. Es gibt einen geschlossenen Wasserkreislauf, der sowohl den Wasserbedarf drastisch reduziert als auch eine Belastung des Grundwassers durch Überdüngung ausschließen kann.
Die flächenbezogenen Erträge können um ein Vielfaches über denen konventioneller Landwirtschaft liegen (zumal der Anbau oft auf mehreren Ebenen übereinander in Regalen realisiert wird).
Bei Systemen mit künstlicher Beleuchtung muss jedoch aus ökologisch und ökonomischer Sicht höhere Flächenerträge mit einem erhöhten Energiebedarf abgewogen werden.
Abb. 7: Günstige Selbstbau-Komposttoillete
Menschliche Exkremente können ein wichtiger Lieferant für organische Dünger in der Landwirtschaft statt ein Kostenverursacher bei der Abwasserreinigung sein. Urin beinhaltet dabei den Großteil der Nährstoffe, ist bei einem gesunden Menschen steril und eignet sich sehr gut als Pflanzendünger[38]. Menschlicher Kot sollte aufgrund der Gefahr von Belastung mit Krankheitserreger nicht direkt als Dünger benutzt werden. Bei einer korrekten Kompostierung werden die Krankheitserreger jedoch durch hohe Temperaturen und den langen Zeitraum (1-2 Jahre) zerstört, so dass das Endprodukt ebenfalls als Dünger verwendet werden kann[39]. Die Komposttoillete funktioniert ohne Wasserspülung, welche bei herkömmlichen Toiletten zu einem hohen Wasserverbrauch führt[40].
Durch Düngung mit menschlichen Exkremente können der Nährstoffkreislauf geschlossen und negative Umwelteinflüsse minimiert werden.
Es sollen nun einige mögliche Maßnahmen genannt werden, wie eine nachhaltigere und ethisch vertretbare Landwirtschaft realisiert werden kann.
Zunächst sollten alle Agrarsubventionen abgeschafft werden. Sie wurden zu einer Zeit eingeführt, in der die Lebensmittelversorgung kritisch war. Heute herrscht in Europa und den USA jedoch eine Nahrungsmittelüberproduktion. Diese Überproduktion führt einerseits zu ökonomisch ineffizienten und ökologisch schädlicher Verwendung von Nahrungsmitteln als Agrartreibstoff[41] oder zur Stromproduktion[42]. Andererseits führt sie zu niedrigen Marktpreisen, welche wiederum Nahrungsmittelverschwendung fördern und beim Export die lokale Agrarwirtschaft der Importländer schädigen.
Die ethische Rechtfertigung für Haltung und Schlachtung von Tieren sollte in der Öffentlichkeit und Politik zumindest hinterfragt und intensiv diskutiert werden.
Nicht artgerechte Tierhaltung sollte sofort verboten werden. Tiertodestransporte sollten ebenfalls verboten werden. Diese verursachen den Tieren unnötig Qualen und Stress direkt vor ihrem Tod. Als Alternative können zu „Fahrenden Schlachthöfen“ umgebaute LKWs dienen[43]. So können die Tiere direkt vor Ort beim Bauernhof bzw. auf der Weide geschlachtet werden. Die hieraus resultierenden erhöhten Fleischpreise spiegeln die tatsächlichen Kosten besser wieder und führen dabei zu einem automatisch stark reduziertem Fleischkonsum.
Eine Ressourcensteuer[44] führt zu einer Verteuerung von Mineraldünger und daraus resultierend zu einem effizienteren Düngeeinsatz und vermehrte Verwendung von erneuerbaren organischen Dünger.
Besonders schädliche Pestizide sollten verboten (wie dies bereits heute sukzessiv geschieht) und verbleibende Pestizide durch eine Müllsteuer[45] besteuern werden, um ihren Einsatz auf das Mindestmaß zu reduzieren.
Eine Bodengebühr[46] fördert einen möglichst geringen Flächenverbrauch auch in der Landwirtschaft.